Herzlich Willkommen bei Horizont Bipolar – Von Betroffenen für Betroffene.
In diesem Blog Beitrag geht es um die Frage, welche Gefahren in den einzelnen Phasen lauern und welche Folgen Sie für uns, unser Leben und unsere Gesundheit haben können.
Mein Name ist René, ich bin Bipolar Typ 1. Vielen Dank fürs lesen.
Im letzten Blog Beitrag hatte ich bereits über die erschreckenden Statistiken und Fakten wie die stark erhöhte Suizidrate, eine deutlich kürzere Lebenserwartung, den Verlust vieler gesunder Lebensjahre und die möglichen teils schwerwiegenden sozialen Auswirkungen gesprochen. Und ich habe darüber gesprochen, dass wir nicht dazu verdammt sind diese Statistiken zu bestätigen.
Die Bipolare Störung umfasst drei Phasen von denen jede eigene Gefahren mit sich bringt. Die Depression, die Manie und die gemischte Phase.
DIE DEPRESSION
Die Zeit während einer Depression, will man nicht noch einmal erleben, folglich repräsentiert diese Zeit die gesunde Lebenszeit von der wir statistisch gesehen 12 Jahre an die Krankheit verlieren.
Für mich persönlich war die schwere Depression das schlimmste das ich jemals erleben musste. Ich wünsche das Niemandem, nicht einmal meinem allergrößten Feind. Vor der Depression war es mir schlicht unerklärlich, wie sich Menschen das Leben nehmen können. Ich dachte falls mir einmal alles zu viel wird, dann würde ich einfach abhauen, in ein anderes Land und ein neues Leben beginnen. Aber von einer Depression kann man nicht davonlaufen. Denn auch der schönste Ort der Welt, mit weißem Sandstrand und Türkisfarbenem Meer wäre nur grau und düster. Eine Depression muss man durchstehen, aussitzen und ohne Hoffnung immer weiterkämpfen, Tag für Tag.
Die meisten Suizide- und Suizidversuche geschehen wenig überraschend während einer Depression.
Es gibt einige unschöne Symptome die eine Depression mit sich bringt. Für mich war das schlimmste wohl die innere Leere. Es ist wie wenn dein inneres Licht erloschen wäre. Alles was dir jemals Freude bereitet hat gibt dir gar nichts mehr, Themen für die du dich normalerweise interessierst langweilen dich nur noch und alle Ziele die du in deinem Leben hattest sind belanglos geworden.
Viele Menschen flüchten daher auch in Alkohol oder Drogen um Ihrem Leid zu entfliehen und werden dadurch nicht selten abhängig was ein nicht unerhebliches Risiko für eine kürzere Lebensdauer bedeutet.
Langwierige oder auch häufige Depressionen und der damit verbundene Krankenstand können zu einem Arbeitsplatzverlust führen.
Erschwerend kommt hinzu, dass uns Betroffenen nur eine kleine Auswahl an Antidepressive für die Behandlung der Depression zur Verfügung steht. Da die meisten Antidepressiva ein Switch Risiko aufweisen, also manische Phasen herbeiführen könnten.
Des Weiteren gibt es ein große Bandbreite an gesundheitlichen Auswirkungen die eine Depression mit sich bringen kann zB. Essstörungen, Mangelernährung, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen sowie ein generell geschwächtes und dadurch anfälligeres Immunsystem.
DIE MANIE
Die Manie, zu Beginn wunderschön und berauschend. Aber die unendliche Energie und Lebensfreude raubt uns zunehmend den Schlaf. Entweder können oder wollen wir nicht schlafen.
Je länger die Manie andauert desto wirrer werden unsere Gedanken und unsere Taten. Unreflektiert, Risikobereit und teils größenwahnsinnig kaufen wir uns Sachen die wir nicht brauchen, schließen riskante Geschäfte ab oder teilen unserem Chef das mit was wir schon immer loswerden wollten. Oft sind der Arbeitsplatzverlust und finanzielle Probleme die Folge.
Wir fühlen uns unglaublich gut, kreativ, schlau und unwiderstehlich. Auf Wortmeldungen zu unserem Zustand von unserer Freunden, der Familie oder dem Partner reagieren wir gereizt. Es kommt zu Streitigkeiten bei welchen wir stets glauben im Recht zu sein. Wir werfen unseren Liebsten Sachen an den Kopf, die wir in normalem Zustand niemals denken oder aussprechen würden.
Unser extrem erhöhter Sexualtrieb gemeinsam mit unserem unnachgiebigen Selbstbewusstsein führt uns zwangsläufig in die Hände Anderer. Nicht selten trennen die Betroffenen selbst sich während der Manie von ihrem Partner. Und umgekehrt natürlich sowieso. Eine zerbrochene Ehe, ein auf das Wochenende beschränktes Sorgerecht, eine zerrüttete Familie, enttäuschte Eltern, verlorene Freunde. All das können mögliche Konsequenzen einer Manie sein.
Irgendwann fühlt es sich an als würde unser Hirn überhitzen und auch unser Körper kommt durch die verbrauchte Energie und den Schlafmangel an den Rand des Aushaltbaren. Schlafen funktioniert mittlerweile trotz Schlaftabletten nicht mehr, unser Herz klopft wie wild. Bluthochdruck, Herz-Kreislauf Erkrankungen oder ein Schlaganfall, all das sind Risiken die in unserem Zustand auftreten könnten. Zudem sind wir aufgrund des Schlafmangels und der Erschöpfung in unseren kognitiven Funktionen wie zum Beispiel Konzentration, Koordination und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt, was das Risiko von Unfällen am Arbeitsplatz, im Straßenverkehr und auch allgemein hin erhöht.
Auch unser Größenwahn und die vermeintliche eigene Grandiosität können gefährliche Situationen herbeiführen. Wenn zum Beispiel eine Bewaffnete Person eine Tankstelle ausgeraubt hätte in der ich mich während einer schweren manischen Phase gerade aufhielt, hätte ich mit Sicherheit den Helden gespielt. Denn ich hätte geglaubt, nein ich hätte gewusst, dass ich diese brandgefährliche Situation allein mit der Macht meiner Stimme und kommunikationsstärke entschärfen kann. Was natürlich absoluter Blödsinn ist.
Sehr gefährlich ist es außerdem wenn Psychotische Züge oder Halluzinationen hinzukommen. Wenn Menschen plötzlich Dinge sehen, hören oder fühlen die nicht real sind. Sich verfolgt fühlen oder unrealistische Überzeugungen haben wie das Sie unsterblich oder ein göttliches Wesen wären. Damit wird die Manie noch gefährlicher.
DIE GEMISCHTE PHASE
In einer gemischten Phase erleben Betroffene eine Mischung von Symptomen einer Depression und einer Manie oder Hypomanie, die gleichzeitig oder schnell hintereinander auftreten. Wenn sich der übermäßige Antrieb und die Rastlosigkeit eine Manie zu der Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit einer Depression gesellen ist dies lebensgefährlich. Gemischte Phasen erfordern eine sofortige ärztliche Behandlung, die Suizidwahrscheinlichkeit ist bei gemischten Phasen am höchsten.
Ich persönlich musste bisher keine gemischte Phase durchleben. Aber wenn ich mich zurückerinnere wie ich schwer depressiv in meinem Bett lag, gerade genug Energie um bei Dringlichkeit auf die Toilette zu gehen. Und ich daran dachte wie ich mich wohl umbringen würde war ich durch diese bleierne Schwere die ich spürte zum Glück sehr limitiert. Zum Bahnsteig zu laufen wäre für mich schlicht nicht möglich gewesen und ein Suizid außerhalb der eigenen vier Wände allgemein keine Option.
Eine Depression führt Menschen tagtäglich in den Suizid. Aber es gibt Symptome der Depression die uns diesen Weg erschweren indem Sie uns aller Kraft beraubt und uns tief ins Bett drückt. Und ich glaube dies macht die gemischte Phase so gefährlich. Unendliche Verzweiflung mit rastlosem
Tatendrang ist eine sehr fatale Kombination.
DIE VERMEIDBARE PHASE
Jede Phase ist gefährlich, jede Phase ist schlimm und jede Phase stellt für unsere Angehörigen und vor allem uns selbst eine enorme Herausforderung dar.
Die aller gefährlichste Phase ist allerdings die vermeidbare Phase, weil sie einfach unnötig ist. Glücklicherweise ist das die Phase gegen die wir selbst etwas unternehmen können. Und das ist sehr wichtig.
Denn eine Phase die vermieden werden kann stößt uns nämlich nicht in die Dunkelheit der schweren Depression, in welcher wir nicht mehr leben wollen.
Und eine Phase die vermieden werden kann stellt nämlich nicht unser soziales Leben, unsere Finanzen oder unsere Arbeitsplatzsicherheit auf den Kopf.
Das tückische an der vermeidbaren Phase ist außerdem, dass jede Phase die wir erleben müssen die Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit auf weitere Krankheitsphasen erhöhen kann. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich die Phasenintervalle verkürzen und das Gehirn dauerhaft geschädigt wird.
Mit jeder Phase kann die bipolare Krankheit also schlimmer werden was für uns mehr Krankheitsphasen, mehr Chaos, mehr Verzweiflung, mehr gefährliche Situationen, kürzere stabile Phasen und eine dadurch deutlich verminderte Lebensqualität bedeutet.
Wir können vielleicht nicht jede Phase verhindern, aber mit Wissen, Achtsamkeit und Disziplin können wir die vermeidbaren Phasen verhindern, ein möglichst lebenswertes Leben führen und diesen fürchterlichen Statistiken rund um unsere Erkrankung entfliehen.
VORSCHAU
Und im nächsten Blog Beitrag „Phasen aktiv verhindern“ geht es genau darum. Wie wir Phasen vermeiden und keine unnötigen Phasen provozieren. Ich werde dich ausführlich über die positiven Faktoren und Verhaltensweisen informieren mit denen du dich vor Phasen schützen kannst. Ebenso werde ich dich über die Risikofaktoren aufklären die Phasen auslösen können.
VERABSCHIEDUNG
Ich hoffe es war interessant für dich. Lies dir unbedingt den nächsten Blog Beitrag durch, glaub mir, er ist wertvoll für dich.
Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit.
Bleib stark!
Comments