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Experten Interview mit Dr. Markus Backer



Herzlich Willkommen bei Horizont Bipolar.


Heute bin ich zu Gast bei Dr. Markus Backer, er ist Facharzt für Psychiatrie und Allgemeinmediziner und wir werden heute über die Inhalte der ersten vier Videos sprechen. Die Diagnose, Akzeptanz und Hoffnung, Früherkennung und Vorbereitung, Phasen aktiv verhindern und die Gefahr der einzelnen Phasen. Herr Dr. Markus Backer ist bereits in der vierten Generation Arzt sein Urgroßvater hat eine eigene Klinik geführt, er ist von der Kronenzeitung als einer der beliebtesten Ärzte Österreichs ausgezeichnet worden und ich darf ihn meinen Psychiater schimpfen.


René: Herr Dr. Backer vielen Dank das Sie heute da sind. Würden sie sich kurz vorstellen.


Dr. Backer: Vielen Dank für die Einladung in meine Ordination. Ich bin Backer Markus, mittlerweile 41 Jahre alt und habe meine Ausbildung in diversen Krankenhäusern in Vorarlberg gemacht. Zwischenzeitlich war ich immer mit der Allgemeinmedizin verbunden und bin als Notarzt viel in Rettungsautos oder Hubschraubern mitgefahren bzw. mitgeflogen. Währenddessen habe ich die Psychiatrie immer weiter gemacht und war vor allem von der Medikation so begeistert. Was man alles machen kann, wem man alles helfen kann, wie man was verbessern kann. Und das ist meiner Meinung nach, wenn man da drüber eine gute Expertise hat, dass man sehr vielen Menschen helfen kann.

Und es war auch so, dass mein Vater Facharzt für Psychiatrie war und meine Mutter ist psychiatrische Krankenschwester. Somit war es bei uns am Familientisch eigentlich immer schon Thema. Da war dann der Weg nicht weit, dass ist selber Facharzt für Psychiatrie werde. Diesen Schritt habe ich niemals bereut. Das einzige Fach welches sich nicht nur mit einem Organsystem auseinandersetzt oder beschäftigt, wie beispielsweise der Urologe oder Pneumologe. Bei mir geht's um den ganzen Menschen. Viele Organe spielen dabei eine wichtige Rolle und das macht das Ganze für mich so interessant. So das ich von meinem Fach "nicht" so schnell gelangweilt werde, denn jeder Tag bringt was Neues. Ich lerne sehr viele neue Menschen kennen, die alle eine interessante Lebensgeschichte haben.

 

René: Spannend. Wenn wir gerade zur Diagnose switchen. Die Diagnose war jetzt bei mir z.B ziemlich flott klar. Ja. Bipolare Störung 1 ist natürlich diejenige die am aussagekräftigsten für einen Arzt ist so wie ich das verstehe. Bei mir war das ziemlich klar, oft ist es anders. Herr Dr. Backer, wie wird die Diagnose heute gestellt und was sind die Hürden oder die Probleme die dazu führen, dass öfters eine falsche Diagnose gestellt wird, oder das es einfach sehr spät erkannt wird.


Dr. Backer: Also mir ist ganz wichtig das klar ist, dass es keine Geisteserkrankung ist oder sowas ähnliches, sondern das das ganze Biochemie pur ist und das möchte ich meinen Patienten schon in der ersten Vorstellung in meiner Ordination erklären. Ich möchte sie zum eigenen Experten machen und ich möchte das alle Bescheid wissen, dass es um Botenstoffe geht, Neurotransmitter im Gehirn, die Neuroendogenese so heißt der Fachausdruck ist da ganz wichtig und da gibt sehr viele Faktoren die eine ganz große Rolle spielen, aber da kommen wir noch dazu. Offiziell ist es so, dass man den ICD10 oder jetzt den ICD11 hernimmt. Das ist so ein Kriterien Buch, so ein langweiliges Buch wo Diagnosen und die Unterkriterien drinnen stehen. Da sollte der Facharzt drin blättern und mit dem Patienten ein Gespräch führen, ob die Punkte gegeben sind. Und dann ist ganz wichtig, das mache ich mein Ordination auch, bevor jemand Medikamente bekommt, wird Blut abgenommen und eine MRT Zuweisung für das Gehirn gemacht, denn man muss ausschließen das es sich um andere Erkrankungen handelt wie beispielsweise MS oder ein Hirntumor oder Schilddrüsenerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, Eisenmangel, Vitamin B12, etc, etc, etc. Alles wird angeschaut und nicht sofort blind Medikamente verabreicht. Bitte davor ein Labor, ein MRT um alle anderen Erkrankungen auszuschließen, auch vom endokrinologischen Bereich, vom Hormonbereich her. Und wenn man das alles ausgeschlossen hat und mit dem Patienten Gespräche führt und dann im besten Fall noch die Familie mit ins Boot holt, was denn da so an Symptomen präsentiert wird, dann wird die Diagnose gestellt. Bipolar 1, 2 und so weiter und so fort. Man muss sagen die Wahrscheinlichkeit ist recht hoch falsch diagnostiziert zu werden, ich glaube Sie haben im vorherigen Interview schon gesagt es dauert zum Teil 10 Jahre bis man die richtige Diagnose erhält. Ich jetzt für mich Lebenszeitprävalenz könnte es mich noch erwischen, ich bin jetzt 41. Eigentlich frühes Erkrankungsalter 25 Jahre bis 35 Jahre, im Vergleich zu der unipolaren Depression relativ früh und es ist so das ungefähr 0,3 bis 1,5% an Lebenszeitprävalenz für Bipolar 1 ist. Das bedeutet das 0,3 bis 1,5% Chance besteht die Erkrankung Bipolar 1 in meinem Leben zu entwickeln Bipolar 2 dann schon wesentlich weniger, das sind wesentlich weniger Prozente. Die genaue Prozentzahl fällt mir jetzt grad nicht ein, aber ich glaube es sind 5%. Genau es waren 5% Lebenszeitprävalenz für Bipolar 2 und übrigens Frauen und Männer sind gleichhäufig betroffen. Was noch interessant ist für mich als Facharzt für Psychiatrie, ich möchte sagen ich bin im privaten beinahe Hirnforscher weil mich die ganzen Rezeptoren und das ganze interessiert. Wenn wir jetzt über die Diagnose reden und wir würden jetzt Studien machen, und die gibt's über eineiige Zwillinge. Wenn die Zwillinge ein separates Leben führen würden, dann würden sie zu 80% die gleiche Diagnose erhalten, obwohl sie unterschiedliche Lebensevents haben und das ist ja schon der Hinweis darauf das bei bipolarer Erkrankung viel mehr die Genetik eine Rolle spielt im Vergleich zu den Zwillingen den eineiigen die ein unterschiedliches Leben führen auch potenziell in unterschiedlichen Familien versus die Genetik bei unipolaren Depressionen oder unipolaren Erkrankungen nicht so das Thema sind. Das ist die Nachricht das man sagt so große Life Events beeinflussen eine bipolare Explosion nicht. Es sind am Anfang eher die Gene.


René: Die Bipolare Störung Typ 2 Erkrankung ist seltener wie die Bipolare Störung Typ 1 Erkrankung da gibt es gegenteilige Meinungen bzw. gibt es da die Vermutung, dass der Anteil von Betroffenen der Bipolaren Störung Typ 2 höher ist oder sogar deutlich 

höher ist gegenüber der Typ 1 Erkrankung, aber das es quasi faktisch nicht so ist weil die Diagnose hierbei häufig nicht gestellt wird. Ist das vorstellbar für sie oder haben Sie bei der Diagnosestellung auch so Erfahrungen gemacht. Weil also was ich so gelesen habe ist es halt so das die bipolare Typ 2 Erkrankung da gibt es keine Manie da gibt es nur eine Hypomanie die natürlich nicht so aussagekräftig ist wie eine Manie die schlussendlich in aller Regel in die Psychiatrie führt. So kann eine Hypomanie überwunden werden und einfach quasi als schöne Zeit missverstanden werden. Bei einem Anamnese Gespräch wird der Betroffene vielleicht auch über diese hypomanische Zeit gar nicht sprechen, weil es für ihn einfach so war, dass er sich einfach gut gefühlt hat. Also das nur eine unipolare Depression diagnostiziert wird, obwohl es eigentlich eine bipolare Typ 2 Erkrankung wäre.


Dr. Backer: Ja, ich versuche die lange Frage zusammenzufassen und kurz zu antworten. Es ist tatsächlich ein Problem, wenn man eine Phase hat und die niemandem wirklich auffällt. Dann ist es so, dass 25% der Menschen die eine Phase haben mit einer, wir nennen das eine subdepressive Phase subdepressives Schwingen, oder eine leicht erhöhte Stimmung die nächsten Jahre einhergehen. Bei 25% der Menschen ist es der Fall das irgendwo mal eine Diagnose war Manie, Depression. Das klingt ab, aber bei 25% der Menschen schwingt es über die nächsten Jahre mit subdepressionen mit, wir nennen das hyperthym, und dann wird es schwierig mit der Diagnose, Bipolar 1, 2, weil man nicht mehr genau weiß, wann war was. Nach der ersten Manie passiert sehr viel. Übrigens ungefähr 14%/17% haben das Problem, dass sie nach der ersten Manie oder nach der ersten Depression keine Vollremission, also das heißt kein vollkommenes zurückbilden des Ursprungs haben und somit einen volent Krankheitsverlauf haben. Deshalb ist es wichtig, dass man die ersten Phasen erkennt bevor man quasi nachhaltig geschädigt ist auf irgendeine Art und Weise. Mit diesen mitschwingen mit diesen anhaltenenden mitschwankungen subdepressiv und hypertym, also gesteigerte Stimmung, wäre es sehr schlau von jedem Arzt und Angehörigen und Allen möglichst schnell die Diagnose zu  stellen und möglichst schnell zu therapieren, dass man nicht zu diesen 14% gehört oder zu diesen 25%. Ja. Ich hoffe ich habe die Frage jetzt beantwortet?


René: Perfekt. Wenn ein Betroffener die Krankheit nicht akzeptiert, was kann ein Arzt oder ein Angehöriger machen?


Dr. Backer: Das ist ein sehr gutes Thema, da muss ich noch ein bisschen weiter ausholen. Ich finde alle meine Kollegen, sei es im Landeskrankenhaus und Co machen die Arbeit so gut sie können und die machen sie auch gut, ich kenne die meisten. Und sie sind mit vollem Engagement dabei, aber es ist tatsächlich oft das Stigmata der Psychiatrie, dass sie nach Bauchgefühl entscheidet, oder das was anderes behandelt wird wie das tatsächlich gegebene biochemische Ungleichgewicht des Stoffwechselorganes Gehirn. Wenn Sie sich erinnern können, ich habe Ihnen damals bei der ersten Sitzung erklärt das es sich um eine Stoffwechselthematik handelt vom Gehirn, gleich wie beim anderen Stoffwechselorgan, Bauchspeicheldrüse z.B, die Bauchspeicheldrüse hat einen Miss Match, bekommt den Stoffwechsel nicht mehr so her wie sie sollte und dann hat man zu wenig Insulin und dann hat man Typ 1 Diabetes oder Typ 2 Diabetes. Und genauso ist es beim Stoffwechselorgan Gehirn, dass die Botenstoffe nicht mehr im Soll sind und das man die einfach regulieren soll und das kann man entweder selber machen, am Anfang gelingt es mit Bewegung, Licht, Schlaf oder man macht es dann ab einem gewissen Punkt mit Medikamenten und da ist ganz wichtig, dass Angehörige und Patienten, das man denen Mut zuspricht, das es eine Erkrankung ist wie jede Andere, die einen biochemischen, biologischen Ausgang hat und das man die sehr gut behandeln kann wenn man sie früh behandelt und wenn alle mitmachen. Nicht im Sinne von irgendjemand First, sondern Yes we can.


René: Das ist eine super Einleitung für die nächste Frage und zwar. Das ist eigentlich der Grund warum der Kanal entstanden ist. Als ich die Diagnose bekam war es für mich natürlich chronische Erkrankung, schlimme Geschichte, habe mich viele informiert das was ich vorgefunden habe war teilweise hoffnungsvoll, aber es waren auch viele negative Beispiele dabei und sie haben etwas gesagt was mir sehr viel Hoffnung gegeben hat und zwar das es sehr viele Menschen gibt, also Patienten von ihnen, die diese Krankheit seit sehr vielen Jahren haben, seit 20 Jahren oder was auch immer und die gut mit dieser Krankheit leben und quasi keinerlei oder beinahe keinerlei Auswirkungen in ihrem Leben heutzutage noch spüren. Was machen diese oder gibt es etwas was diese Menschen anders machen gibt es Ansätze wo sie sagen, okay dieser Patient hat eine gute Prognose weil deshalb und deshalb und umgekehrt dieser hat eine schlechte Prognose weil deshalb und deshalb?


Dr. Backer: Ja, ich sehe es tatsächlich so, dass ich und meine Patienten ein Team sind und ich mag jeden meiner Patienten und Patientinnen gerne und ich möchte das sie zum eigenen Experten ausgebildet werden dass sie mich nur noch in Notfällen brauchen und das sie so viel über die Erkrankung wissen, dass sie zum eigenen Vollexperten werden inklusive was muss ich tun wenn ich Richtung Hypomanie, Depression, Manie rausche. Welches Medikamenten Package man zu Hause hat wo man gegen reagieren kann. Das man weiß, dass die Familie weiß, dass die Familie die Warnsignale kennt und auch weiß, hey jetzt könnten wir das Medikamenten Package von Dr. Backer aktivieren und starten mit den Empfehlungen dir er gegeben hat wenn es ausreicht in irgendeine Richtung. Ich glaube ich habe ihnen auch ein Medikamenten Package empfohlen wenn es in eine Richtung gehen sollte. Und das ist für mir ein wichtiger Punkt, dass ich als Facharzt zwar im Team dabei bin aber die Patienten mich im besten Fall gar nicht mehr brauchen weil sie so gut Bescheid wissen. Das funktioniert bei meinen Patienten ausgezeichnet, ich hab von Rechtsanwälten, von Bankmanagern, von Konditoren die in der Nacht aufstehen müssen, dürfen den ganzen Schnitt dabei. Die alle voll lebensfähig, voll berufsfähig sind und denen man es nicht anmerken wird das sie irgendeine Art von Medikamente nehmen, weil sie von mir sicherlich keine Medikamente nehmen die Beeinträchtigungen mit sich bringen, wie starke Müdigkeit oder wie der Vorarlberger sagt, dem sieht man es an das er Medikamente nimmt. Die Zeiten sind vorbei. Das Ganze ist modern und da möchte ich Ihnen Mut zusprechen, die richtige Medikamenten Wahl mit dem richtigen Facharzt zu treffen. Die Chemie muss passen. Und bezüglich, was sind Sachen die dafür sprechen, dass das Ganze gut ausgehen wird oder schlecht ausgehen wird. Das Team zwischen Facharzt Patient muss passen, es wär natürlich naiv von mir wenn ich dem Patient sagen würde hör zu, machen Sie keine Nachtarbeit, machen Sie diese Zusatzjobs nicht und machen Sie das und das und das nicht, wenn der Patient fünf Kredite am Laufen hat und aus vier Ehen neun Kinder zahlen muss. Ist ja naiv und blauäugig und unverschämt von mir wenn ich das empfehlen würde. Deshalb ist es so, dass ich versuche die Medikation anzupassen an das tatsächliche Leben, dass man möglichst wenig Nebenwirkungen hat, im besten Fall bieten die Medikamente keine Nebenwirkung. Und das man im besten Fall solche Rahmenbedingungen hat, dass man nicht diese Überlast an Stress, Cortisolproduktion hat. Cortisolproduktion ist schlecht, die Nebenhirnrinde verhindert sozusagen das einbauen der neuen Nervenzellen. Sprich es gibt Stammzellen und die Stammzellen produzieren dann Tochterzellen, die Tochterzellen haben drei, vier Wochen Zeit bis sie sich einbauen in dieses neuronale Geflecht und wenn dann Cortisol dazu kommt weil man viel Stress hat, beruflich, privat, das ist alles ganz schlecht, weil sich das Gehirn dann so nicht regenerieren kann. Und man kann diese positiven Faktoren der Regeneration dieser Hirnnervenzellen über Sport und Bewegung, Licht, Ernährung auch positiv beeinflussen und wenn man das alles nicht kann weil man beispielsweise gehandicapt ist körperlich, dann wird es auch schwieriger, wenn man da nicht gegen gegenwirken kann. Zusammenfassend ideale Bedingung, ideal in Anführungszeichen, gute Rahmenbedingungen wenn es die nicht gibt von einem Facharzt ein Atest, eine Bestätigung etc geben lassen, dass man keine Nachtarbeit etc, etc machen kann dann noch schauen das die Medikation nicht so stark sediert oder Nebenwirkung hat, dass man eben Sport trotzdem machen kann und keine Nebenwirkung durch die Medikation hat und alltagsfähig ist.


René: Also zusammenfassend Wissen haben sie angesprochen man sollte sich mit der Krankheit auskennen, das man sich hald quasi richtig verhaltet, Medikamente ganz wichtiges Thema, vor allem die richtigen Medikamente vom richtigen Arzt. Ich hab selber. Die Chemie muss passen. Genau. Ich hatte ja selber mal mit Medikamenten Probleme, das haben wir umgestellt, hat wunderbar funktioniert. Ja und im Idealfall hald wenig wenig Stress und einfach guter Schlaf. Ja die Beispiele wo es jetzt leider ungünstiger ausgeht hat es vielfach damit zu tun, dass die Leute dann auch nicht einsichtig sind z.B oder oder an was machen Sie das fest, dass es Beispiele gibt die hald.


Dr. Backer: Ja ich würde  das gar nicht einsichtig nennen. Ich denk da wenn ich fünf Tage Antibiotika nehmen muss, weil nach ein Zahnoperation tue ich mir schon schwer fünf Tage lang Medikamente zu nehmen und vergesse es dann zum Teil, also dann mache ich niemandem einen Vorwurf im Sinne von Mangel der Einsicht weil das Leben so vielfältig, schnell und Co ist. Es geht vor allem um die, leider ein Aspekt den muss man schon erwähnen. Es geht auch um die Rahmenbedingungen. Leider zählt auch der soziale Status dazu was auch eine klare Linie bringt wie es einem im alltäglichen Leben mit schwerer Verschuldung oder doch etwas etwas genug verdienend, dass man sich nicht jeden Tag Sorgen machen muss und weiterarbeiten muss obwohl man gar nicht mehr kann. Das sind so die Ausgänge wo ich merke, hochverschuldet, daheim Probleme mit einem High Emotional sagen wir dazu Familiensetting und wenig Unterstützung durch den Arbeitgeber, durch das Umfeld und die ganzen Stigmata die es noch gibt, die absolut nicht notwendig sind, weil das Ganze nicht nur Fluch ist sondern auch Segen. Meine bipolaren Patienten sind alle besondere Menschen, haben alle nicht nur den Fluch sondern auch den Segen, dass sie feinfühliger sind, gespüriger sind und wir haben viele Künstler, sind extrovertiert, hochinteressante Menschen. Ich möchte viel mehr auch den Segen dieser Erkrankung euch aufzeigen wie nur immer über den Fluch zu sprechen.


René: Ja, also dieser Segen, keine Ahnung wie lange ich diese Erkrankung schon in mir trage, ich war immer sehr besonders.


Dr. Backer: Wie alt waren Sie den bei Ihrer Erstdiagnose?


René: Da war ich 35, ja.


Dr. Backer: Ich habe es vorher angesprochen zwischen 25 bis 35 ist so meistens die Ersterkrankung ja und die Frage ist wie lange denn schon was geschlummert hat.


René: Genau, also es war nie in eine krankhafte Richtung, aber wenn ich das jetzt im Nachhinein betrachte würde ich mich als dauerhypoman bezeichnen. Also ich war ziemlich extrem in sehr vielen Dingen. Ja. Ja, also vielleicht hat das schon deutlich länger in mir geschlummert. Eben. Viele Projekte gemacht, viel umgesetzt.


Dr. Backer: Da sind eben viele interessante Menschen, deshalb auch viele viele sehr erfolgreiche Menschen die ich behandle mit einer bipolaren Erkrankung. Weil sie davor schon einen guten Drive gehabt haben und der den Halt im Sinne des Überdrives mit Schlafmangel, zum Teil spielen Drogen eine Rolle, dann die erst Manie, in Anführungszeichen, einkassieren. Was vielleicht nicht passiert wäre oder später passiert wäre obwohl Genetik besteht wenn man nicht diesen Stress gehabt hätte, diesen Drive gehabt hätte oder diese Drogen genommen hätte. Vielleicht wäre es sich ausgegangen bei Vielen, dass die Erkrankung nicht oder irgendwann viel später als Erstdiagnose aufgetreten wäre, wenn man gewisse Live Events nicht erlebt hätte. Wobei, weniger Einfluss als bei der unipolaren Erkrankung.


René: Also bei mir war es auf jeden Fall ein Live Event. Bei mir war es Stress was dazu geführt hat, da bin ich mir felsenfest sicher.


Dr. Backer: Ja, Allgemein haben wir alle einen genetischen Rucksack mit Stress hab ich vorher schon gesagt, Cortisolausstieg. Die Amerikaner messen Cortisol bei Patienten im Speichel. Ich sage allen meiner Patienten, wenn Sie viel Stress haben wird es wahrscheinlich ein bisschen mehr Dosierung brauchen für die Medikamente, aber sie wissen alle welche Range an Medikamenten Dosierung sie haben. Wie weit sie hinauf können und dann brauchen die meisten Menschen mit denen ich zusammensitz meine Hilfe gar nicht mehr.


René: Ja, wir hatten ja schon eine Dosisveränderung, weil ich das Gefühl gehabt habe, dass das Glückslevel, das ich da nicht mehr in diesen Bereich komme den ich gewohnt war. Das haben wir dann verändert und jetzt ist es wunderbar.


Dr. Backer: Man muss dazu sagen, dass jeder Mensch Schwankungen hat, oder. Ich gehöre auch zu den Menschen die beeinflusst werden durch meine Stoffwechsel Lage meines eigenen Gehirnes. Das heißt ich habe keine soll oder keine Nullinie wie im EKG eine Null der Tod wäre habe ich täglich auch auf und abs und merk selber das es mal gute und schlechte Tage gibt. Kann ich nachvollziehen, ja, dass ich vermehrt nur gute Tage anstreben würde, aber schlussendlich dann ermüden würde an guten Tagen.


René: Okay, Herr Dr. Backer, vielleicht kurz zu den Gefahren. Wo sehen Sie jetzt die größten Gefahren oder haben sie Beispiele für uns was jetzt z.B die Manie betrifft. Was sind Gefahren in der Manie.


Dr. Backer: Ja also ich habe lange als Spitalsarzt gearbeitet, da sieht man natürlich die negativ Auslese. Das ist aber so das sehr viele nicht diese krassen Ausreisser an an Folgen von der manischen Erkrankung haben oder von der bipolaren Erkrankung. Aber als Spitalsarzt, ja da hab ich Patienten gesehen die haben in vier Tagen aufgrund eines Kaufrausches aufgrund einer gesteigerten Libido schlussendlich innerhalb von drei, vier Tagen die Frau verlassen, das Haus verkauft, neue Sachen gekauft und mit einem Schuldenberg, sodass schlussendlich Prozesse geführt werden ob der Patient zurechnungsfähig war oder nicht und diese Beispiele bereiten immer noch Gänsehaut. Das man in drei, vier Tagen Hochmanie sicher ein Teil seines Lebens zerstören kann, inklusive die Angehörigen sehr verletzen kann die noch nicht mit im Boot sind, weil es z.B die erste Episode war. Jetzt fasse ich es eben noch zusammen. Von Kaufrausch bis gesteigertes Risiko bis gesteigerte Libido, da macht man sehr viel Sachen kaputt die man eigentlich gar nicht kaputt machen möchte in diesem Ausnahmezustand. Suizidalität haben sie in den Videos schon angesprochen, die sehr erhöht ist wenn man gewisse Medikamente absetzt wie Lithium ohne Rücksprache mit dem Facharzt, dann steigert sich Suizidrate noch exponentiell und das 20-fache an. Also auch Medikation einfach absetzen kann einen Rebound Effekt an Gefahren mit sich bringen.

Also passt gut auf euch auf.


René: Okay, danke. Das nächste Thema Phasen aktiv verhindern. Warum ist es denn wichtig Phasen zu verhindern, wieso können wir nicht einfach auf die Phasen reagieren, was sind da die Gründe?


Dr. Backer: Ja, ich meine im Durchschnitt ist es so das man innerhalb von 25 Jahren ungefähr fünf Phasen durchmacht und jede Phase wie ich vorher schon gesagt habe, das ganze betrifft das Gehirn, Botenstoff und jede Phase verhindert die Einnetzung neuer Nervenzellen und somit kann sich das Gehirn nicht ausreichend regenerieren und gewisse Hirnforscher bieten immer den Vergleich mit der MS Erkrankung, die auch in Schüben kommt. Fünf Episoden in 5 Jahren bei der bipolaren Erkrankung, kann man sagen fünf Schübe im Vergleich zu Schüben einer MS Erkrankung. Meinen Patienten sage immer, passts auf, ein Schub ist wie ein Hurricane und ein Tsunami zugleich, das ist für das Gehirn maximal ungesund. Und wenn man einfach zu viele Schübe, zu viele Phase hat die nicht behandelt worden sind dann ist es durchaus so das man sich seitens der Kognitiven Auffassung, Konzentration und seitens der Persönlichkeit verändert und die Chance immer mehr Richtung gemischte Phasen, anhaltend gemischte Phasen mit einem anhaltenden gereizt sein und das merkt dann das Umfeld, die Familie, das bringt wahnsinnige Probleme mit sich, weil es dann nicht mehr rund läuft in der Familie mit einer gemischten Phase die geprägt ist durch ein gereizt sein und eine gesteigerte Libido, etc.


René: Und welche welche Maßnahmen könnte man im Idealfall treffen um die Phasen zu vermeiden? Ich meine da haben wir ja schon etwas gehört.


Dr. Backer: Also noch mal zurück, meine Mitmenschen die ich bei mir habe sind alles selber Profis, in ihrer Medikation und die wissen genau wie sie reagieren, wie sie reagieren sollten. Das heißt mit dem Facharzt besprechen wie soll ich reagieren wenn eine Manie kommt, wenn eine Depression kommt, die Angehörigen darauf scharf stellen was die Risikofaktoren sind, was auffällig wird wenn man in eine Phase kippt, schauen das man genügend schläft, keine Drogen nehmen, schauen das man gesund, wir haben die Kaffeetasse in der Hand, das man genügend zur Ruhe kommt und sich schnell bei seinem geschätzten Facharzt meldet wenn es in irgendeine Richtung geht.


René: Vielen Dank. Das nächste Thema wäre Früherkennung und Vorbereitung. Was hätten sie da als als Profi an Tipps für die Betroffenen oder die Angehörigen, wie sich besser auf mögliche Phasen vorbereiten können oder diese früher erkennen können?


Dr. Backer: Ja, also sehr viele Phasen, wenn ich an die Ordination denk, wir haben heute Freitag, wenn ich an die Woche denk habe ich Patienten gehabt, Neuvorstellungen mit Schlafstörung, beginnend alles mit einer Schlafstörung. Drei, vier Tage, Biochemie verändert sich im Gehirn in den drei, vier Tagen. Man kennt es selber eine Nacht schlecht geschlafen am nächsten Tag hat sich die Persönlichkeit schon bisschen verändert, man ist vielleicht grantiger, man ist nicht so geduldig, man ist gereizter wenn man das vier Tage hintereinander macht, nicht schläft, sei es aufgrund einer tatsächlichen Schlafstörung oder aufgrund von Drogen die man nimmt, etc. Sind Schlafstörungen sicher die Nummer Eins als Alarmsignal, wo alle aufpassen müssen. Meinen Patienten denen sage ich allen, Patienten sage ich gar nicht so gern sondern meinen Mitmenschen empfehle ich allen schaut echt das ihr gut schläft und wenn ihr nicht gut schläft habt ihr eine Medikation die zusätzlich einnehmen. Alarmsignal 1: Schlaf. Alarmsignal 2: gesteigerte Stimmung, Einkäufe, etc. Das sind so die Alarmsignale oder wenn man sich zurückzieht im Sinne der depressiven Phase. Ich glaube die Angehörigen auf Alert stellen ist so das beste, die beste Methode.


René: Absolut, bin ich derselben Meinung, ja. Die Angehörigen merken das oft schneller als der Betroffene selbst. Weil es für den Betroffene einfach schwierig ist der, fühlt sich im ersten Moment nur gut oder. Am Schlaf kann man es ziemlich gut festmachen, aber an vielen anderen Dingen ist es schwierig zu erkennen. Und von der Vorbereitung her was würden Sie da jetzt, wenn es einen Masterplan für einen Betroffener gibt, wenn es wirklich zur Phase kommt wie er sich optimal vorbereiten kann? Irgendwas was sie empfehlen würden?


Dr. Backer: Leider ist es tatsächlich so, die Statistik ich weiß nicht ob es da eine Statistik drüber gibt, aber irgendwie ist es so, dass so Phasen kommen wenn keine Ärzte offen haben oder wenn der eigene Arzt im Urlaub, deshalb ist es so, dass dieses Notfall Package sofort zum starten ist, das besprochen wurde. Und wenn es mit dem Notfall Package nicht geht sich bei meinen Kollegen hier in Vorarlberg im Landeskrankenhaus Rankweil melden, die alle motiviert sind ihnen in der Ambulanz zu helfen und wenn es in der Ambulanz nicht geht sie Stationär aufnehmen und lieber früh genug reagieren, wenn das Bauchgefühl sagt, ja weiß nicht könnte eine Phase sein oder in welche Richtung geht es.

Früh reagieren, lieber mal schneller oder zu früh reagieren um eine Phase mit den Folgen die wir vorher besprochen haben und die es gilt abzuwenden. Facharzt, sich beim Facharzt melden der hoffentlich schnell zurückkommt aus seinem wohlverdienten Urlaub.


René: Bevor der Hurricane und der Tsunami durchmarschiert.


Dr. Backer: Genau, genau.


René: Vielen Dank Herr Dr. Backer. Gibt es irgendein Thema was sie besonders beschäftigt, bzw. was sie den Betroffenen und Angehörigen die uns heute zuschauen gerne mitgeben würden? Etwas was sie wichtig empfinden?


Dr. Backer: Ja, ich finde die Psychiatrie und jedes Fach und jeder Mensch hat sicher viele oder einige Fehler gemacht, da gehört das Fach Psychiatrie sicher dazu. Das man früher Medikamente gegeben hat in zu hohen Dosierungen, Medikamente wo man dann nicht mehr alltagsfähig war. Ich möchte allen Mut zusprechen. Mittlerweile haben wir das Jahr 2024 bald 2025. Es gibt tolle Neuigkeiten auch was Medikamente angeht die nächstes Jahr herauskommen. Da geht es um ein drei Monats-Depot das man geben kann, dass man nur noch alle drei Monate Medikament braucht, etc, etc. Ich möchte die Lanze brechen für das wunderschöne Fach Psychiatrie und die Medikamente die hocheffektiv sind, im Vergleich auch zu internistischen Medikamenten, da gibt es auch Zahlen darüber das man sagen kann, dass die Medikamente durchaus siebenfach so effektiv sind wie die diverse internistische Medikamente. Und ich möchte die Angst brechen beim Facharzt vorstellig zu werden. Die Fachärzte sind alle selber keine Freaks oder keine Besserwisser oder keine mit erhobenem Zeigefinger auf euch zeigende Menschen sondern ich möchte das Ihr euren Facharzt findet der gut zu euch passt und die Biochemie versteht und das ihr dann auch den Segen der Erkrankung viel mehr genießen könnt. Im Sinne von feinfühliger sein, extrovertierter sein, zielstrebiger sein, gespüriger sein. Habt keine Angst davor. Stellt euch vor, ich bin immer wieder selbst erschüttert wie viel Mut, Jahre es braucht bis man sich schlussendlich bei mir vorstellt, wahrscheinlich aufgrund diesen Vorurteilen die es unbedingt abzubauen gilt.


René: Also dann erleben Sie das häufig, dass die Menschen erst nach vielen Jahren eigentlich zu Ihnen kommen und quasi um Hilfe suchen, obwohl es eigentlich schon viele Jahre.


Dr. Backer: Genau das gar nicht mal so die bipolare Erkrankung betreffend, weil die ja irgendwann sehr offensichtlich wird, aber tatsächlich finde ich das schlimm. Und man sollte nicht gleich psychiatrische Medikamente geben, bei mir, ich mache das als Allgemeinmedizin eben mit, Blutaufnahme, Labor und das man alles anschaut, weil es eben sehr viele Gründe geben kann warum es einem psychisch nicht optimal geht und das Fach Psychiatrie ist so modern geworden, das es hier keine tiefführende Gespräche geben muss über die Kindheit und Co. Wir müssen nicht aufdeckerisch unterwegs sein, es geht darum das jetzige Problem das man sehr gut in den Griff bekommen kann mit dem neuen Weg. Schaut euch den neuen Weg der Welt des Facharzt für Psychiatrie an, macht einen Termin aus. Ich hoffe, dass ich und alle meine Kollegen entstaubt sind und mit der Zeit mitgegangen sind.


René: Also ich kann vielleicht dazu noch sagen bevor die bipolare Störung bei mir diagnostiziert wurde und bevor die erste Manie passiert ist war ich einige Jahre depressiv. Zu Beginn leicht depressiv und die Auswirkungen oder was ich gespürt habe war quasi ausschließlich körperlicher Natur bzw. Kopfschmerzen und Nackenschmerzen. Dann hat man jeden zweiten Tag Kopfschmerzen, dann ist man natürlich schlechter gelaunt, das habe ich auf die Kopfschmerzen zurückgeführt. Mein Hausarzt damals hat mir dann gesagt, okay Burnout, Antidepressiva. Nein mag ich nicht, glaube ich nicht, alle anderen Gründe gesucht, noch mal zwei Jahre und als ich dann die Antidepressiva eingenommen habe ging es mir bin in ein, zwei Wochen wesentlich, wesentlich wesentlich besser und darum mal auf den Arzt hören oder einfach mal Folge leisten das habe ich gelernt. Weil immer denke ich, ich weiß es ein bisschen besser oder es könnte was anderes sein oder Ursache, Herkunft, etc. Aber es geht mir im Moment schlecht und das muss ich im Moment auch behandeln. Ja. Also das war meine Erfahrung.


Dr. Backer: Ja die Biochemie, wir sind alles Biochemie und egal was wir erleben, was wir durch machen und alles hat schlussendlich irgendeine Auswirkung auf die Biochemie vom Gehirn und das gilt es zu regulieren, entweder kann man es davor bei depressiven Phasen, Bewegung Licht, Schlaf, etc. Oder schlussendlich hald dann doch mit Medikation, die bitte nicht mehr vom Jahre Schnee sein sollte, sondern in der heutigen Zeit angekommen sein sollte. Ich glaube vom Inhalt sind wir soweit durch, außer sie hätten noch etwas was sie gern loswerden würden. Ich bedanke mich für die Einladung und für ihr Engagement. Ich bekomme immer wieder mit das es meine Patienten sehr interessiert wie die Diagnose ausgeht, ob das ein schweres Schicksal mit sich bringt oder nicht und der Kanal ist deshalb sehr wichtig und deshalb mache ich mit weil ich eben den Weg zeigen möchte den es gibt, mit guten Ausgängen und mit das voller Lebenstauglichkeit und mit diesem Segen der auch dieser Charakterzug Stoffwechselgleichgewicht mit sich bringt. Und oft werde ich eben gefragt ob es Plattformen gibt von Betroffenen, bis lang eher mau und ich glaube sie bieten da eine gute Infoquelle für sehr viele die betroffen sind und nicht extrem Ausgänge erhoffen.


René: Genau also mit dem Kanal möchte ich nicht irgendwie möglichst viele Zuschauer erreichen mit irgendwelchen extremen Beispielen die vielleicht irgendwelche Leute unterhaltsam finden, sondern ich möchte die Betroffenen ansprechen in einer Weise wie ich selbst das gerne vorgefunden hätte damals als ich mich auch erkundigt habe und Ja.


Dr. Backer: Ja dann machen wir so weiter.


René: Vielen Dank für das Kompliment für den Kanal freut mich sehr. Vielen Dank für das zuschauen, ich hoffe Herr Dr. Markus Backer konnte euch einiges Interessantes berichten und ich freue mich euch bald wiederzusehen. Alles klar, vielen Dank und schönen Tag. Tschüss.


Dr. Backer: Tschüss, Ciao.

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