Herzlich Willkommen bei Horizont Bipolar – Von Betroffenen für Betroffene.
In diesem wahrscheinlich für alle Ewigkeit wichtigsten, Blog Beitrags von mir geht es darum, wie wir Phasen vermeiden und auch keine provozieren. Für ein leichteres und lebenswerteres Leben mit dieser fiesen Krankheit.
Mein Name ist René, ich bin bipolar Typ 1. Vielen Dank fürs lesen.
Im letzten Blog Beitrag hatte ich dich über die Gefahren der einzelnen Phasen der Bipolaren Störung informiert. Ich habe über die jeweils möglichen negativen Folgen für dich, dein Leben und das deiner Angehörigen geschrieben. Und wir haben die Erkenntnis gewonnen, dass die vermeidbare Phase die gefährlichste ist, aber glücklicherweise diejenige gegen die wir selbst etwas unternehmen können.
Ein Zitat von Nikki Sixx, dem Bassisten von Mötley Crüe trifft es sehr gut.
"Wenn man nicht lernt, mit seinen Dämonen umzugehen, dann gehen sie mir dir um - und das wird weh tun"
PHASEN VERHINDERN
Medikamente regelmäßig und gewissenhaft einnehmen
Das ist der absolut wichtigste Punkt auf meiner Liste. Hierzu möchte ich dir noch sagen, dass ich selbst erst dann eine Schmerztablette einnehme wenn es die Schmerzen nicht mehr anders zulassen. Ich bin kein Tablettenfan, von der Pharmaindustrie ganz zu schweigen. Aber den Gedanke auf das Phasenprophylaktikum verzichten zu können muss ich gleich im Keim ersticken. Deswegen möchte ich dir das auch so eindringlich und drastisch wie möglich sagen. Ohne Medikamente wirst du mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein schweres, schmerzerfülltes, vielleicht einsames und möglicherweise auch kurzes Leben haben.
Den Psychiater regelmäßig treffen
Der Psychiater ist für die Verschreibung und Überwachung der Medikation verantwortlich. Regelmäßige Treffen ermöglichen es dem Psychiater, die Wirksamkeit der Medikamente zu bewerten, mögliche Nebenwirkungen zu überwachen und dementsprechende Anpassungen vorzunehmen. Bei der Einnahme des Medikaments Lithium müssen darüber hinaus regelmäßig Bluttests durchgeführt werden. Außerdem kann er dich über zusätzliche Therapiemöglichkeiten aufklären und allgemeine Fragen beantworten.
Wenn ich den Verdacht habe, dass eine Manie im Anmarsch ist, schreibe ich meinem Psychiater eine E-Mail mit dem Betreff Manie und erhalte immer zeitnah einen Termin. Diese Vereinbarung lässt sich bestimmt nicht mit jedem Psychiater treffen aber einen Versuch ist es wert. Bei frühzeitiger Erkennung und Behandlung können Krankenhausaufenthalte und Folgeschäden vermieden werden.
Wenig Stress
Stress ist eine der Hauptursachen für das Auftreten von Krankheitsphasen. Sowohl manische als auch depressive Phasen können durch Stress ausgelöst oder verschlimmert werden. Menschen mit der bipolaren Erkrankung können empfindlicher auf Stressoren reagieren und folglich schwieriger damit umgehen. Menschen die regelmäßig hohem Stress ausgesetzt sind haben ein erhöhtes Risiko auf wiederkehrende Krankheitsphasen.
Es gibt vielfältige Möglichkeiten wie wir mit Stress umgehen können.
Entspannungstechniken, wie Progressive Muskelentspannung, Meditation, Yoga, Atemübungen. Regelmäßiger Sport und eine gesunde Ernährung. Entspannende Aktivitäten wie Lesen, malen oder auch Gartenarbeit. Und auch durch ein besseres Zeitmanagement kann so mancher Stress vermindert werden.
Ich persönlich habe mich allerdings dazu entschlossen auf der Karriereleiter ein, zwei Stufen nach unten zu klettern um weniger Verantwortung und weniger Stress zu haben. Hierzu möchte ich betonen, dass mir dies sehr schwer gefallen ist. Waren vorher meine beruflichen Ziele immer hoch und mein Leben immer durch Leistung geprägt. Doch die Gesundheit geht nun Mal immer vor.
Ausreichend Schlaf
Schlaf ist wichtig für die Regeneration unseres Geistes. Ein regelmäßiger und ausreichender Schlaf ist entscheidend für die Stimmungsregulation. Schlafstörungen oder Schlafmangel können manische Episoden auslösen und das Risiko für Depressionen erhöhen. Ausreichender Schlaf hingegen hilft Stress abzubauen und die Stressreaktion des Körpers zu regulieren. Zudem kann guter Schlaf die Stresstoleranz verbessern.
Keine Nachtarbeit
Nachtarbeit oder Schichtarbeit können den Schlaf-Wach Rhythmus stören was wiederum zu Schlafstörungen und folglich Stimmungsstörungen führen kann. Außerdem kann es Stress bedeuten sich an einen neuen Schlafrhythmus gewöhnen zu müssen.
Psychotherapie
Die Psychotherapie kann dabei helfen dysfunktionale Denkmuster zu Identifizieren und zu verändern die zu Stimmungsschwankungen beitragen können. Der Aufbau von Bewältigungsstrategien und die Verbesserung des Problemlösungsverhaltens können dazu beitragen Stimmungsschwankungen zu stabilisieren und besser mit Stress oder Krisen umzugehen zu können. In der Psychotherapie können auch mögliche Bedenken oder Vorbehalte gegenüber der Medikation angesprochen werden. Dies kann dabei helfen ein besseres Verständnis für die Behandlung zu schaffen damit der Behandlungsplan eingehalten wird.
Soziale Beziehungen
Soziale Beziehungen können durch emotionale Unterstützung, Verständnis und Rückhalt auch Vorbeugend gegenüber Krankheitsphasen wirken. Auch der Austausch mit anderen Betroffen ist wertvoll. Hierfür würden sich zum Beispiel Selbsthilfegruppen, die Facebook Gruppe „Bipolare Störungen“ oder das Selbsthilfeforum www.bipolar-forum.de der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen eignen.
Psychoedukation und Wissen
Gratulation, du bist schon mittendrin. Wissen ist eine wichtige Komponente im Kampf gegen die bipolare Störung. Denn Betroffene sollten wissen was eine bipolare Störung ist, wie Sie sich diese äußert und welche Symptome damit verbunden sind. Außerdem sollten Sie die Auslöser und Risikofaktoren kennen, die eine Phase provozieren oder verschlimmern können. Die Betroffenen sollten sich auch mit den verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten auskennen, wie Medikamente, Psychotherapie oder Selbstmanagementstrategien. Auch der Umgang mit den Symptomen und das Erkennen von Frühwarnsignalen die auf eine bevorstehende Phase hindeuten können sollten erlernt werden. Wissen ist Macht und das stimmt hierbei zu 100%. Mir persönlich hat mein erlangtes Wissen auch sehr dabei geholfen die Krankheit für mich akzeptieren zu können, was mir sehr schwer fiel.
RISIKOFAKTOREN
Drogen
o Euphorisierende Drogen,
welche die Stimmung steigern wie zB. Ecstasy, Kokain, Amphetamine, uvm. können uns direkt in ein eine Manische Phase katapultieren.
o Halluzinogene Drogen,
welche unsere Wahrnehmung verändern und Stimmungsschwankungen in beide Richtungen verursachen können, wie zB. LSD, Pilze, Ketamin, uvm. können sowohl manische als auch depressive Phasen auslösen.
o Sedierende Drogen,
welche Beruhigend wirken, Schläfrigkeit oder Entspannung verursachen, wie zB. Alkohol, Benzodiazepine, Opioide, uvm. erhöhen ebenso das Risiko auf weitere Krankheitsphasen. Zudem sind Menschen mit bipolaren Erkrankungen, im speziellen in depressiven Phasen sehr anfällig für Sucht. Was auch ein erhebliches Gesundheitliches und gesellschaftliches Risiko darstellt.
o Kräuter und Nahrungsergänzungsmittel.
Einige Kräuter und Nahrungsergänzungsmittel, wie Ginseng, Ephedra und Johanniskraut können manische Episoden auslösen.
Fehlende Krankheitseinsicht
Oft dauert es viele Jahre bis es beim Betroffenen zur Krankheitseinsicht kommt. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Einige Betroffenen leugnen oder bagatellisieren Ihre Symptome aus Angst vor Stigmatisierung. Andere empfinden die Manischen Phasen als normal oder angenehm und sehen daher die Notwendigkeit einer Behandlung nicht. Es gibt auch Betroffene die aufgrund negativer Erfahrungen misstrauisch gegenüber der ärztlichen Diagnose und Behandlung sind. Oder die Betroffenen verstehen die Ernsthaftigkeit der Situation einfach nicht. Unglücklicherweise bedeutet diese unbehandelte Zeitspanne für den Betroffenen je nach Dauer womöglich mehrere unnötige Krankheitsphasen die sein Leben auf den Kopf stellen und die Krankheit verschlimmern könnten.
Medikamente undiszipliniert einnehmen, absetzten, unregelmäßig einnehmen oder die Dosierung eigenmächtig ändern
Das Risiko eines Rückfalls bei nicht Einnahme der Medikamente liegt bei 80%. Schätzungsweise nehmen zwischen 20-60% der Patienten die Medikamente nicht oder zumindest nicht regelmäßig. Die Gründe hierfür sind die generelle Ablehnung der Krankheit, das schlichte vergessen der Einnahme, die Sehnsucht nach den Gefühlen der Hypomanie oder Manie und das erleiden von Nebenwirkungen. Letztere können vielfältig und unangenehm sein, sodass andere Medikamente auf der Suche nach dem Richtigen ausprobiert werden müssen, was die Betroffenen Mürbe machen kann. Denn es kann eine Weile dauern um das richtige Medikament in der richtigen Dosis zu finden welches eine bestmögliche Wirkung bei minimalen Nebenwirkungen bietet.
Einsamkeit
Das Fehlen von sozialen Kontakten und die damit verbundene Einsamkeit und Isolation kann depressive Symptome verstärken. Der Mangel an sozialen Interaktionen kann auch in stabilen Phasen zur Verschlechterung der Stimmung führen was das Risiko sowohl für depressive als auch manische Phasen erhöht.
Niemand muss alleine sein. Wenn du dich einsam fühlst tritt doch einer Gruppe oder einem Verein bei. Wenn deine Energie das nicht zulässt dann versuch es mit sozialen Medien und Online-Communities.
VORSCHAU
Im nächsten Blog Beitrag „Früherkennung und Vorbereitung“ werde ich dir mitteilen auf welche Frühwarnsignale wir achten müssen. Wie wir uns optimal auf mögliche zukünftige Phasen und teilweise daraus resultierende Probleme vorbereiten können. Wie wir uns gegenüber sich anbahnenden Phasen verhalten sollten und warum unsere Angehörigen insbesondere unser Partner in alle Punkte stets involviert werden sollte.
VERABSCHIEDUNG
Der Inhalt dieses Beitrags kann den Verlauf deiner Erkrankung sehr positiv beeinflussen. Wenn du diesen Inhalt beherzigst verhältst du die optimal und hast somit die bestmögliche Chance auf ein stabileres und lebenswerteres Leben mit deiner bipolaren Störung.
Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit.
Bleib stark
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